Es zeugt von guten Nerven oder nur von Nachlässigkeit, als Anwalt eine Klageschrift erst zwei Tage vor Fristablauf zur Post zu geben, ohne diese vorab per Fax an das Verwaltungsgericht zu übersenden oder sich wenigstens vor Fristablauf bei Gericht über den rechtzeitigen Klageeingang zu erkundigen. Der BGH hätte wohl wenig Schwierigkeiten, eine Verletzung der Anwaltspflicht, Mandanten „auf der sicheren Seite“ zu beraten und zu vertreten, anzunehmen, wenn – wie hier – die Klageschrift dann tatsächlich nach Fristablauf bei dem Verwaltungsgericht eingeht. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) war das Verwaltungsgericht mit der Begründung, der Kläger habe die Klagefrist verschuldet nicht eingehalten, weil sein Anwalt die Klageschrift zu spät zur Post gegeben habe, auch nicht bereit und wies die Klage als unzulässig ab. Anders das OVG NRW im Berufungszulassungsverfahren: Verzögerungen der Briefbeförderung oder – zustellung durch die Deutsche Post AG dürften dem Bürger nicht als Verschulden angerechnet werden, vielmehr dürfe dieser darauf vertrauen, dass die für den Normalfall festgelegten Postlaufzeiten eingehalten werden. Davon sei hier auszugehen, weil nach § 2 Nr. 3 Satz 1 Post-Universaldienstleistungsgesetz (PUDLV) sicherzustellen sei, dass an Werktagen aufgegebene Inlandspost im Jahresdurchschnitt mindestens zu 80 % am ersten und zu 95 % am zweiten Werktag nach der Einlieferung ausgeliefert werde. Auf dieser Grundlage habe der Anwalt des Klägers davon ausgehen können, dass die Klagefrist gewahrt werde, da konkrete Anhaltspunkte, die eine Fristversäumnis befürchten ließen, nicht vorlagen. Die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung wurde zugelassen.
OVG NRW, Beschluss vom 25.07.2019 – 4 A 349/18.A –